Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) hat informiert, dass das Europäische Parlament am 16. Dezember 2021 einen differenzierten Aufschub der Anwendung von einzelnen Komponenten der IVDR beschlossen. Dies betrifft zum Teil auch In-vitro-Diagnostika aus Eigenherstellung.
Von verschiedenen Seiten wurde in den zurückliegenden Monaten die Notwendigkeit eines Aufschubs des Vollzugs der Europäischen Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IVDR) gefordert. Grund für diese Forderung ist insbesondere die von der Europäischen Kommission noch nicht oder nicht zeitgerecht realisierte Implementierung essentieller Verfahrenselemente; zu nennen ist hier vor allem das zentrale Medizinprodukte- und Diagnostika-Register EUDAMED und die unzureichende Anzahl und Kapazität der bisher akkreditierten Benannten Stellen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass dieser Aufschub nur Teilaspekte der IVDR betrifft. Insbesondere ist Artikel 5 (5) d) betroffen, wonach in-house-Diagnostika nur in Betrieb genommen werden dürfen, solange kein gleichartiges Produkt auf dem Markt verfügbar ist, das den Erfordernissen der relevanten Patientengruppen gerecht wird (sog. Industrieprivileg). Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass EUDAMED als Grundlage einer Marktsondierung durch die Labore noch nicht implementiert ist. Buchstabe d) ist nach dem aktuellen Beschluss des Europäischen Parlamentes erst ab Mai 2028 anzuwenden.
Für die Unterpunkte b) und c) sowie e) bis i) von Artikel 5 (5), d.h. Anforderungen an das Managementsystem, Erklärung zur Rechtfertigung der Herstellung, öffentliche Erklärung über die Herstellung, detaillierte Herstellungsdokumentation und Auswertung von Anwendungserfahrungen, gilt der Anwendungsaufschub bis Mai 2024.
Wie in der 2017 vom Europäischen Parlament beschlossenen IVDR vorgesehen, gilt jedoch weiterhin, dass mit dem Ende der fünfjährigen Übergangsfrist ab Mai 2022 In-vitro-Diagnostika aus Eigenherstellung die allgemeinen Leistungs- und Sicherheitsanforderungen gemäß Anhang I der IVDR erfüllen müssen; die Diagnostika dürfen nach Artikel 5 a) nicht an andere Einrichtungen abgegeben und nicht in industriellem Maßstab hergestellt werden.
Die Ad-hoc-Kommission In vitro-Diagnostik der AWMF hat in den letzten Monaten mehrere Dokumente entwickelt, die als Hilfestellung für diagnostische Labors, die Diagnostika aus Eigenherstellung in Betrieb nehmen, dienen sollen. Sie stehen auf der Website der AWMF zur Verfügung.